TG-Schüler ziehen „vor Gericht“


Am Mittwoch, den 13. Februar 2019 war es soweit. Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 12 zogen in Konstanz „vor Gericht“. Der Stein des Anstoßes lag glücklicherweise außerhalb des Schulbereichs, im Gegenteil das Gericht wurde zum Unterrichtsbestandteil des Religionsunterrichts.
In den Unterrichtsstunden zuvor war das Thema Soziale Gerechtigkeit ausführlich behandelt worden. Der Begriff stammt aus dem 19. Jahrhundert und wurde erstmals in der Enzyklika Quadragesimo anno Von Papst Pius XI erwähnt. Doch schon in der Antike hat sich der Philosoph Aristoteles Gedanken um die Gerechtigkeit im Volk gemacht. Diese Zeitspanne eröffnet den Horizont, mit dem sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Thema beschäftigt haben. Natürlich ging es auch um die Gegenwart und wie sozial-gerecht die Gesellschaft ist. Wie sehen die Einkommensverhältnisse von Frauen und Männern im Vergleich aus? Sollten Führungspositionen zwingend mit Frauen besetzt werden? Die aktuellen politischen Fragen wurden ebenso diskutiert, wie die Aussagen der Bibel hierzu.

Von den Schülerinnen und Schülern kam der Vorschlag, zu klären, wie gerecht der Staat zu seinen Bürgern ist und es entstand die Idee, eine Gerichtsverhandlung vor dem Sozialgericht zu besuchen. Sozialgerichte beschäftigen sich normalerweise mit Rechtsfragen zur Rente oder Hartz-IV-Bescheiden. Verfahren zur Migration werden ebenso behandelt, wie Unfälle am Arbeitsplatz. Das Thema Unfälle prägte auch den Vormittag, als die Schülerinnen und Schüler zwei Verhandlungen von Klägern gegen die gesetzliche Unfallkasse sahen. Richter Frank vom Sozialgericht Konstanz nahm sich Zeit, die Gäste zu begrüßen und kurz in die zwei Verhandlungsfälle einzuführen. Nach den Verhandlungen blieb noch genügend Zeit, um Fragen aller Art an Richter Frank zu stellen. Das Interesse war groß und reichte weit über die beiden Rechtsfälle hinaus in das Leben eines Richters am Sozialgericht. Warum war der Kläger mit dem Urteil nicht zufrieden? Warum sind Sie Richter geworden? Was war Ihr erster Prozess als Richter? Haben Sie auch schon mal falsch entschieden? Solche und weitere Fragen überraschten auch Richter Frank, der geduldig alle Antworten gab und das Interesse der Gymnasiasten zur vollsten Zufriedenheit erfüllte.

Der Vormittag hat allen Beteiligten gezeigt, wie groß der Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit sein kann, weil Richter an Gesetze und Gutachten gebunden sind. So steht es jeder Bürgerin und jedem Bürger frei, die nächsthöhere Instanz des Landessozialgerichts anzurufen, um die eigene Rechtsauffassung durchzusetzen. Es bleibt die Gewissheit, dass „auf hoher See und vor Gericht alle in Gottes Hand sind“.